Moritz Liebold
Texter bei unwashed
Gendern und SEO: (Wie) klappt es wirklich?
Zuletzt aktualisiert: 16.12.2024
Wer in Webtexten nicht-männliche Bezeichnungen verwendet, hat auf Google Nachteile.
Das ist unfair.
Trotzdem musst du dich nicht zwischen Klicks und Gerechtigkeit entscheiden. Denn es gibt Wege, Gendern und SEO zu verbinden.
Kurz: SEO und gendern
- Das Problem: Wer als „Grafikerin“ auftritt, wird unter „Grafiker“ kaum gefunden.
- Dabei nutzen die meisten Menschen die männliche Variante.
- Genderstern und Co. verwirren die Suchmaschine vollends.
- Mit ein paar Tipps bleibst du online auffindbar, ohne auf deine Werte zu verzichten.
Online gendern = Nachteil?
Stell dir vor, du möchtest eine neue Website erstellen lassen. Wonach googelst du? Wahrscheinlich nach einem „Webdesigner“.
So wie die meisten Menschen:
Dabei ist es dir (hoffentlich) egal, welches Geschlecht die Person hat, die den Auftrag übernimmt.
Das Problem:
Google schlägt dir fast ausschließlich männliche Webdesigner vor, weil diese von sich als „Webdesigner“ schreiben. Würden sie sich als „Webdesignerin“ oder gar „Webdesigner*in“ bezeichnen, hätten sie deutlich schlechtere Chancen – schließlich passt die männliche Variante am besten zur Suchanfrage.
Ein paar nicht-männliche Webdesigner*innen findest du trotzdem. Aber nur, weil sie ebenso die männliche Form verwenden. So etwa Katja Nitsche. Sie würde sich gerne als „Webdesignerin“ bezeichnen. Tut es aber nicht, um ihre Chancen auf mehr Klicks zu steigern.
Also: Google erkennt das generische Maskulinum nicht so, wie es gemeint ist. Die Suchmaschine sollte auch die Auftritte von nicht-männlichen Menschen anzeigen, selbst wenn nur die männliche Form gesucht wird. Sie tut es aber nicht.
Oder: Wer „männlich“ sucht, wird „männlich“ finden.
Das ist andersherum übrigens genauso. Aber mit einem kleinen Haken.
Bin ich ohne männliche Bezeichnungen trotzdem auffindbar?
Ja.
Wer etwa „Webdesignerin“ sucht, bekommt auch fast nur weibliche Anbieterinnen vorgeschlagen.
Also alles gut?
Nicht ganz.
Denn während 1400 Menschen im Monat „Webdesigner“ eintippen, sind es bei „Webdesignerin“ nur ein Zehntel so viele:
Wer die eigenen Texte also auf „Webdesignerin“ optimiert, hat ein viel kleineres Publikum.
Und nach „Webdesigner*in“ sucht gleich überhaupt niemand:
Schlechte Aussichten auf Traffic für Unternehmen und Selbstständige, die gendern.
Aber: Bleib dran. Dann schauen wir uns Möglichkeiten an, wie du trotzdem gefunden wirst.
Zuerst widmen wir uns aber Googles Umgang mit genderneutraler Sprache.
Wie gendern auf Webseiten: mit Sternchen, Doppelpunkt, Klammer?
Wer gendergerecht schreibt, hat es auf Google schwer. Denn die Suchmaschine erkennt Gendersymbole nur unzuverlässig.
Du könntest zum Beispiel einen Artikel darüber schreiben, wie man Jäger*in wird. Dein Ziel: Dass dich sowohl Menschen finden, die „Jäger werden“ als auch „Jägerin werden“ googeln.
Das klappt leider nicht wirklich gut.
Der Test
Wir haben auf unserem Test-Blog Sulixo getestet, welche Gendersymbole Google erkennt:
- Ob es nur die männliche,
- nur die weibliche,
- beide Formen oder
- gar keine Form anzeigt.
Dafür haben wir diverse Seiten mit jeweils demselben Inhalt gebaut. Einziger Unterschied: die Gendersymbole.
Dann haben wir analysiert, welche Seiten Google anzeigt.
Das Ergebnis: Uneindeutig.
Seiten mit folgenden Genderzeichen erscheinen sowohl, wenn wir nach „Jäger“ als auch nach „Jägerin“ googeln:
- Genderstern: Jäger*in
- Doppelpunkt: Jäger:in
- Klammern: Jäger(in)
Nur für die männliche Form „Jäger“ ranken:
- Schrägstrich: Jäger/-in
- Bindestrich: Jäger-in
Nur für die weibliche Form rankt:
- Binnen-I: JägerIn
Nach diesem Test lassen sich für SEO Genderstern und Doppelpunkt empfehlen.
Klammern funktionieren scheinbar auch, sind aber nicht inklusiv. Dasselbe gilt für die Doppelnennung „Jägerinnen und Jäger“, die speziell Frauen sichtbar macht.
Aber: War dieser Test wirklich aussagekräftig? Zwei Argumente sprechen dagegen:
1. Derselbe Test mit dem Suchbegriff „Kund*innen“ ergibt andere Ergebnisse.
Texte mit Genderstern und Doppelpunkt erscheinen nur, wenn man nach „Kundinnen“ sucht – nicht nach „Kunden“. Der Grund liegt vermutlich darin, dass der Wortstamm „Kunden“ in der gegenderten Variante fehlt.
2. Tests von anderen Agenturen liefern ebenso unterschiedliche Resultate.
Es scheint, als habe Google keine einheitliche Regelung.
Deshalb unsere Empfehlung: Such dir eine Schreibweise aus und bleib dabei. Mit ein paar Tricks kannst du deine Auffindbarkeit für Suchbegriffe aller Geschlechter steigern. Dazu kommen wir gleich.
Davor: Das Thema Barrierefreiheit.
Herausforderung Barrierefreiheit
Bei einer gendergerechten Schreibweise solltest du auch an die Barrierefreiheit denken. Schließlich ist sie ebenso Teil der Suchmaschinenoptimierung.
Vor allem blinde Menschen kann die gendersensible Sprache nämlich negativ beeinflussen.
Sie lassen sich Texte oft per Screenreader vorlesen.
Hier gibt es einen klaren Vorteil für den Doppelpunkt: „Kund:innen“ liest er mit einer kleinen Pause vor. Also „Kund innen“.
Dagegen liest der Screenreader das Gendersternchen mit. Das klingt komisch und bringt die Leser*innen aus dem Konzept: „Kund Sternchen innen“. Selbes gilt für den Unterstrich.
Aber: Heiko Kunert, Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg, regt an, dass sich Screenreader an uns anpassen sollten – und nicht unsere Genderschreibweise an den Screenreader. Einen Leitfaden vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband DBSV gibt es hier.
Also: Am besten gar nicht gendern in Online-Texten?
Doch.
Zum einen gibt es viele gute Gründe dafür.
Zum anderen zeigen wir dir gleich ein paar Tipps, um trotz korrekter Ansprache mehr Klicks zu kassieren.
Denn oft brauchst du gar kein Gendersymbol. Und auch, wenn du ausschließlich die weibliche Bezeichnung verwendest, kannst du für männliche Keywords ranken.
SEO-freundliche Alternativen zum Gendern
Versteh uns nicht falsch: Wir freuen uns, wenn du gendergerecht textest. Wir von unwashed machen es ja selbst so.
Aber: Indem du schlau schreibst, kannst du gleichzeitig Google glücklich machen und erfolgreich gendern.
#1 Andere Begriffe finden
Die einfachste Option ist es, dein Vokabular leicht anzupassen.
So kannst du oft auf objektive Bezeichnungen ausweichen. Statt „Webdesigner*innen“ schreibst du „Menschen, die Webdesign anbieten“. Beide Begriffe (Webdesign und Webdesigner) werden ähnlich oft gesucht.
Manchmal solltest du auch gleich ganz andere Begriffe verwenden. Aus dem Thema „Webdesign-Kunden finden“ wird dann „Webdesign-Aufträge finden“. In dem Fall sogar mit höherem Suchvolumen!
Das Wörterbuch geschicktgendern.de hilft dabei, alternative Möglichkeiten zu finden. Noch mehr praktische Schreibtipps liefert Genderleicht.
#2 Die männliche Form trotzdem einbauen
Manchmal ist der maskuline Suchbegriff aus SEO-Sicht zu vielversprechend, um ihn ganz auszulassen.
Aber auch dann kannst du mit ein paar Tricks richtig gendern:
- Verwende Beispiele mit männlichen Akteuren: „Friseur X macht es so. Ich als Friseurin mache es anders“.
- Lass Testimonials sprechen: „Früher hatte ich einen Personalberater. Heute eine Personalberaterin“.
- Nutze doch die Paarform: „12 Tipps zur Kundinnen- und Kundenakquise“.
Manchmal hilft allerdings nur ein Griff in die Trickkiste.
#3 Strategien für Verzweifelte
Wer die männlichen Suchbegriffe nicht im Text unterbringen konnte, kann eine dieser Techniken in Betracht ziehen.
Männliche Bezeichnung verstecken
Du kannst männliche Keywords dort unterbringen, wo sie nur Google sieht.
Zum Beispiel in der URL. So lautet der Titel deines Artikels etwa „14 grüne Influencer*innen“. Du möchtest aber unter „Grüne Influencer“ gefunden werden. Dann könnte deine URL lauten: mrsgreen.de/gruene-influencer. Dort stört die männliche Bezeichnung wirklich niemanden – und ein Ranking ist trotzdem möglich.
Weitere Verstecke:
- Alt Tags, Dateiname und Titel von Bildern.
- HTML-Beschreibungen von Videos.
- JavaScript <noscript> bei interaktiven Elementen.
Aber: Es geht hier nicht darum, Google und Nutzer*innen zu täuschen! Das schadet deinen Rankings (und ist ethisch fragwürdig). So kannst du SEO-Text regelkonform verstecken.
Ranking durch Linkbuilding
Wenn viele Seiten auf dich als „Hausarzt“ verlinken, rankst du für den männlichen Begriff besser. Auch, wenn du auf deiner eigenen Seite nur als „Hausärztin“ unterwegs bist. Alles zu Linkbuilding erfährst du hier.
Zwei Websites erstellen
Eine besonders außergewöhnliche Idee stammt von t3n.
Der Artikel rät, eine zweite Website zu erstellen, auf der du männliche Bezeichnungen verwendest. Diese soll in der Google-Suche besser auffindbar sein.
Wer auf sie klickt, gerät allerdings durch eine Weiterleitung auf die „gegenderte“ Seite.
Muss ich für männliche Begriffe gefunden werden?
Bevor du allzu viel Energie in die Optimierung auf männliche Begriffe steckst: Es gibt ein paar Gründe dagegen. Denn es kann auch Vorteile haben, vor allem unter nicht-männlichen Suchbegriffen gefunden zu werden.
#4 Weniger Konkurrenz
Es ist oft einfacher, für weibliche Bezeichnungen zu ranken. Denn es gibt weniger Websites, die ihre Texte darauf optimieren. Gerade für junge Seiten kann es also sinnvoll sein, diese Begriffe zu fokussieren.
Achte zum Beispiel auf die Keyword Difficulty – den Schwierigkeitsgrad – für Hausärzt*innen:
Es ist deutlich schwerer, dich bei der Suchanfrage „Hausarzt“ durchzusetzen …
… und deutlich einfacher, für „Hausärztin“ hoch zu ranken.
#5 Höhere Conversion Rate
Bleiben wir beim Beispiel der Hausärztin: Einer Person, die „Hausarzt“ googelt, ist das Geschlecht vermutlich egal. Wenn sie aber direkt nach „Hausärztin“ sucht, möchte sie offenbar konkret von einer weiblichen Ärztin behandelt werden.
Ergo: Sie wird alle „Hausärzte“ ignorieren und gleich auf die Seite einer „Hausärztin“ klicken. Dort vereinbart sie wahrscheinlich auch einen Termin.
#6 Mehr Kund*innen auf deiner Wellenlänge
Wir haben schon potenzielle Aufträge verloren, weil wir gendern. Und wir sind froh darüber. Denn Klient*innen, die schon die gendergerechte Schreibweise von einer Anfrage abhält, passen einfach nicht zu uns.
Stattdessen erhalten wir eher Aufträge von Menschen und Unternehmen, die unsere Ansichten teilen. Das macht das gemeinsame Projekt leichter und alle Beteiligten glücklicher.
Google ändert sich, wenn wir uns ändern
Klar: In mittlerer Zukunft sollte Google ein Gender-Update angehen.
Aber: Es liegt nicht nur an der Suchmaschine, für Gerechtigkeit zu sorgen. Denn der Algorithmus macht im Prinzip das, was die Masse macht.
Also: Fangen wir doch alle an, mit Gendersymbol zu googeln – „Friseur*in in der Nähe“ statt „Friseur“. Dann dauert es keinen Monat, bis Google Seiten von Menschen aller Geschlechter anzeigt.
Und jetzt?
Lege dir eine Strategie zurecht – und mach dir nicht zu viele Sorgen über SEO und das Gendern.
Möchtest du deinen SEO-Content selbst erstellen? Dann schau dir unsere Anleitung zu suchmaschinenfreundlichen Texten an, die Tools, die du dafür brauchst, sowie zehn Beispiele.
Du hättest lieber Unterstützung? Dann lass uns gerne über die richtige Herangehensweise für dein nachhaltiges Unternehmen sprechen.